
Fotografie, Text
Auf Spurensuche in Wesołowo
Heimat ist etwas Seltsames. Meine Grossmutter verlor ihre, als sie 1945 aus Nordenburg fliehen musste. Die Stadt wurde zerstört. Aber etwas hatte sie nie verloren: das Bedürfnis, zurückzukehren. Dorthin, wo etwas von ihr geblieben war. In dieser Suche fand sie Jadwiga und es formte sich eine Freundinnenschaft, die über Jahrzehnte bestehen wird.
In meiner Kindheit erzählte mir meine Grossmutter unzählige Geschichten von Jadwiga, ihrer Familie und Wesołowo: Wie sie sich nur mit einer Handvoll von Wörtern verständigten, vom See hinter dem Hof, vom holzigen Aussichtsturm, den weiten Feldern und von den vielen Störchen.
Als ich auf meiner Fahrradreise in Wesołowo eintraf, kamen all diese Geschichten zurück. Das Kennenlernen fühlte sich wie ein Wiedersehen an. Jadwiga zeigte mir stolz Fotos in dicken Alben und die vielen Malereien von meiner Grossmutter, signiert mit einer vertrauten Schrift.
Ich bin weitergefahren und finde das Gefühl der Heimat nach wie vor etwas Seltsames. Geblieben ist aber ein Verständnis davon, was dieser Ort für meine Grossmutter bedeutet hat. Ihre Erzählungen sind jetzt meine Erinnerungen. Ich habe mich mit denselben Handvoll von Wörtern mit Jadwiga verständigt, habe den See gesehen, den Turm, die Felder und die Störche. Ich habe die Menschen kennengelernt, die meiner Grossmutter so viel bedeuteten, und ihre Spuren in kleinen Dingen wiedergefunden.
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